Ist Sterben interessant?
Giovanni, 4 Jahre
Die meisten Menschen haben Angst vor dem Tod, denn man verbindet ihn - allerdings zu Unrecht - mit allen möglichen Qualen
und Schicksalsschlägen, die meist von Menschenhand verursacht
wurden. Dabei ist er für Krankheiten, Unfälle und Kriege nicht
verantwortlich. Er fährt nur die Ernte ein.
Der Tod ist zugleich Zöllner und Gastgeber. Er nimmt euch mit auf
eine Safari oder führt euch zu einem Abenteuer in einer anderen
Welt. Für manche Menschen ist er eine Erleichterung, für die Hinterbliebenen kann er allerdings schweres Leid und Trauer bedeuten.
Der Tod hält sich genau an die >Allgemeine Erklärung der Men-
schenrechte< und passt auf, dass wir vor ihm alle gleich sind.Für religiöse Menschen steckt im Übergang vom Leben zum Tod eine ordentliche Portion Angst. Denn wie wird im Angesicht des drohenden
Jüngsten Gerichts die Entscheidung ausfallen? Himmel oder Hölle?
Wie auch immer, beides bedeutet >verdammt in alle Ewigkeit<.
Dazu kommt, dass alles relativ ist: Wenn nun die Hölle das Paradies
des Teufels wäre? Wer weiß denn schon, ob Diktatoren, Verbrecher
und Sadisten dort nicht ganz gut aufgehoben sind und vielleicht als
Folterknechte zum Dank für die zu Lebzeiten vollbrachten Misshandlungen und Teufelsdienste ein nettes Plätzchen erhalten. Während im Vergleich das Paradies nur einer tristen Ebene gliche mit
dem ewigen Frieden als Zustand von Überdruss und endloser Langeweile.
Das Jenseits wird stets ein großes Geheimnis bleiben. Seit Urzeiten
hat sich der Mensch diesbezüglich Fragen gestellt, Opfer gebracht,
Teufelsaustreibungen und Zaubermittel eingesetzt, um jenes Unerklärbare zu ergründen. Diesen Vorgängen verdanken wir Malerei
und Rhythmus und damit die Musik, die Tempel, die Pyramiden und eine reiche Literatur. Aber warum will man eigentlich das Unerklärbare erklären? Ich selbst mag dieses Geheimnis als eine Art Nervenkitzel. Und wenn wir schon so neugierig sind, müssten wir dann unser Sterben nicht ungeduldig herbeisehnen, um endlich zu wissen, was uns erwartet? Nichtwissen kann also in diesem Fall auch eine Form von Freiheit sein. Der Tod selbst ist jedenfalls eine Gewissheit.
Also, ist Sterben interessant? Aufjeden Fall!
Im Krankenhaus, als ich im Koma lag, sah ich mich am Ende eines Tunnels, wie geblendet von
einem unbeschreiblichen Licht! Ich fühlte mich von jeder
Schuld befreit. Auch andere haben diese Erfahrung gemacht. War
wirklich nur meine Phantasie dafür verantwortlich? Wenn wir eine Seele haben, die unseren Körper überlebt, sollten wir einen Platz für sie finden
(sonst wäre da ja nur große Leere)! Vielleicht ein Regenbogen. T.U.